bySteffen Scholle/August 12, 2024/inDeutsch, Eigensicherheit - Berechnungen
Methode zur Berechnung der Pulsbelastung von Zener-Dioden in der Eigensicherheit für Zener-Barrieren mit dem Schmelzintegrals und dem Kaltwiderstand und ihre Problematik
Einleitung
In der Entwicklung eigensicherer Geräte ist die genaue Berechnung der Pulsbelastung von Zener-Dioden essenziell, insbesondere bei Geräten, die mit Netzspannung betrieben werden. Die Fähigkeit, solche Pulsbelastungen korrekt einzuschätzen, stellt sicher, dass die Zener-Dioden innerhalb ihrer sicheren Betriebsgrenzen arbeiten und somit die Integrität des gesamten Geräts gewahrt bleibt. In diesem Blogpost wird eine Methode zur Berechnung der Pulsbelastung vorgestellt, die das Schmelzintegral und den Kaltwiderstand berücksichtigt. Obwohl diese Methode nicht vollkommen den physikalischen Gegebenheiten entspricht, ist diese Vorgehensweise aus der Praxis bekannt und wird von Entwicklern und Herstellern eigensicherer Geräte, sowie von Prüfstellen für die ATEX oder IECEx Zulassung angewandt. Es sind einige Kritikpunkte an dieser Methode angebracht, die in diesem Artikel aufgeführt werden. Vielen Dank an dieser Stelle für die Kommentare und Hinweise in diesem Zusammenhang. Es ist ratsam im Zweifel eine praktische Prüfung durchzuführen oder weitergehende Informationen vom Hersteller der Dioden und Sicherungen einzuholen.
Die Bedeutung der Pulsbelastung
Die Betrachtung der Pulsbelastung ist von entscheidender Bedeutung, besonders bei Geräten, die mit Netzspannung versorgt werden. Die Zener-Dioden in solchen Barrieren werden oft durch eine Sicherung geschützt. Da Sicherungen aber im Verhältnis zu Transientenvorgängen relativ träge sind, können die Dioden Pulsströmen ausgesetzt sein. Wenn diese Belastungen nicht korrekt berechnet und berücksichtigt werden, kann es zu einem Ausfall der Dioden und im schlimmsten Fall zu einem Sicherheitsrisiko kommen. Daher ist eine genaue und verlässliche Methode zur Berechnung der Pulsbelastung notwendig, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Geräte zu gewährleisten.
Das Schmelzintegral
Das Schmelzintegral, auch bekannt als Grenzlastintegral oder i²t-Wert, ist ein Maß für die Kurzzeitüberlastfähigkeit von elektrischen oder elektronischen Bauelementen bei impulsförmigen Belastungen. Es beschreibt, wie eine Schmelzsicherung auf eine solche Belastung reagiert: Sobald der i²t-Wert erreicht ist, wird die Sicherung schmelzen und somit den Stromkreis unterbrechen.
Der im Datenblatt angegebene Norm i²t-Wert dient der Auswahl der Sicherung und gibt daher nur die Energie an, bei der der Sicherungsdraht anfängt zu schmelzen (Melting i²t). Nachdem der Draht geschmolzen ist, folgt eine Zeit, in der ein Lichtbogen stehen bleibt (Arcing i²t). Erst, wenn diese Zeit verstrichen ist, öffnet die Sicherung. Die Gesamtzeit wird auch als Clearing i²t bezeichnet, ist aber nicht im Datenblatt angegeben.
Weiterführende Informationen sind im „Fuseology Design Guide“ von Littelfuse zu finden.
Der Kaltwiderstand
Der Kaltwiderstand einer Sicherung ist der ohmsche Widerstand, der in der Regel bei Raumtemperatur angegeben wird. Da der Widerstandsdraht einer Sicherung in der Regel aus einem Metall besteht und somit Kaltleiter sind, erhöht sich deren Widerstand bei Erwärmung. Der Kaltwiderstand ist also der Wert, bei dem die Sicherung nicht vom Strom durchflossen ist. Im normalen Betrieb ist der Wert höher, wenn sich die Sicherung durch den Stromfluss erwärmt.
Im Falle eines kurzzeitigen Spannungspulses, wirkt der ohmsche Widerstand strombegrenzend und kann den Pulsstrom limitieren.
Vorstellung der verwendeten Parameter
Um die Berechnung präzise durchführen zu können, müssen folgende Parameter bekannt sein:
Uz_max = 19 V·1.05 = 19.95 V
Maximale Zenerspannung: Die Spannung, bei der die Zener-Diode im Durchbruch arbeitet unter Berücksichtigung von Toleranzen. Im Beispiel: OnSemi 1N5356B
IR = 5.3 A @8.3ms
Der Pulsstrom wird als maximal zulässiger, nicht wiederkehrender Rechteckstrom mit einer Impulsbreite (PW) von 8,3 ms angegeben.
SF1.5 = 1.5
Sicherheitsfaktor 1.5 zur Einhaltung de 2/3 Kriteriums aus der EN IEC 60079-11
SFfuse = 1.7
Sicherheitsfaktor 1.7 zur Berücksichtigung bei Verwendung des Nennstroms. Dieser Wert berücksichtigt
Um_peak = 253 V· √ 2 = 357.8 V
Maximale Spitzenspannung die am Eingang der Barriere zulässig ist.
IF1n = 50 mA
Nennstrom der Sicherung
Rcold_F1 = 11.34 Ω
Kaltwiderstand der Sicherung (Beispiel Littelfuse 242.125)
I2tfuse_F1 = 0.000103 A2·s
Schmelzintegral der Sicherung (Beispiel Littelfuse 242.125)
Berechnung der Dauerleistung
Zur Berechnung der Dauerleistung einer Zener-Diode müssen mehrere Parameter berücksichtigt werden: Die maximale Zener-Spannung der Zenerdiode, der Sicherungsnennwert und der allgemeine Sicherheitsfaktor für Sicherungen aus der Eigensicherheitsnorm EN IEC 60079-11.
Die Formel zur Berechnung der maximalen Dauerleistung lautet demnach:
Pz_const = IF1n·SFfuse·Uz_max = 50 mA·1.7·19.95 V = 1695.75 mW
Um die Zener-Diode korrekt zu dimensionieren muss noch ein Sicherheitsfaktor von 1.5 berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Diode nicht mit mehr als 2/3 ihrer zulässigen Leistung belastet wird.
Pz_const_SF = Pz_const·SF1.5 = 1695.75 mW·1.5 = 2543.63 mW
Die Berechnung der Pulsbelastung
Der maximale Pulsstrom wird aus der Spitzenspannung und dem Kaltwiderstand berechnet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei einer Wechselspannung zunächst der Spitzenwert berechnet werden muss. Bei einer Gleichspannung gilt die definierte maximale Eingangsspannung.
Ipulse = Um_peakRcold_F1 = 357.8 V11.34 Ω = 31.55 A
Mit Hilfe des Schmelzintegrals kann nun die Zeit berechnet werden, welche benötigt wird, um die Sicherung auszulösen bei dem zuvor berechneten Pulsstrom. Hier ist anzumerken, dass die Zeit, welcher der Lichtbogen noch steht (Arcing time) nicht berücksichtigt wird. Es müsste an dieser Stelle das "Clearing i2t" angewandt werden bzw. die eigentliche Öffnungszeit der Sicherung bekannt sein. Die ausgerechnete Zeit könnte also um ein vielfaches Länger sein.
tpulse = I2tfuse_F1Ipulse2 = 0.000103 A2·s(31.55 A)2 = 103.46 ns
Die Spannung des Pulses an der Zener-Diode ist durch die maximale Zener-Spannung begrenzt. Die maximale Zenerspannung kann bei dem hohen Pulsstrom höher sein, als der im Datenblatt angegebene Maximalwert. Der Spannungsabfall über dem Differenzialwiderstand wird zur Maximalspannung addiert. Dieser ist allerdings für so hohe Ströme im Datenblatt nicht angegeben und wird kleiner mit steigendem Strom. Es besteht die Möglichkeit die Zenerspannung bei dem Pulsstrom über die Prüfung für "Bestimmung der Parameter nicht genau festgelegter Bauteile" zu ermitteln. Im Folgenden wird mit der maximalen Zenerspannung ohne Berücksichtigung des differenziellen Widerstands gerechnet. Da nun Spannung, Strom und Zeit festgelegt sind, kann über diese Parameter die Energie des Pulses berechnet werden, die in der Diode umgesetzt wird.
Epulse = Uz_max·Ipulse·tpulse = 19.95 V·31.55 A·103.46 ns = 65.13 μJ
Die zulässige Energie der Diode muss dem Datenblatt entnommen werden. In diesem Fall wird sie über die Angaben zum maximalen Pulsstrom (Surge current) berechnet, welcher hier bei 5.3 A liegt und für 8.3 ms anliegen darf.
Ez_pulse_permitted = Uz_max·IR·8.3 ms = 19.95 V·5.3 A·8.3 ms = 877.6 mJ
Es zeigt sich in diesem Fall, dass die Energie des Pulses um mehrere Dimensionen kleiner ist, als die Zulässige.
Fazit
Die Berechnung der Pulslast der Zener-Dioden ist ein notwendiges Unterfangen, wenn Sicherungen verwendet werden, um diese zu schützen. Das Verfahren dazu ist auch in der aktuellen Edition 7 der IEC 60079-11 beschrieben. Sicherlich sind einige Annahmen und Übertragungen der Werte aus den Datenblättern notwendig, die sich im Detail kritisieren lassen. Insbesondere ist die Verwendung des Schmelzintegrals auf diese Weise nicht korrekt.
Es ist sinnvoll weitergehende Informationen von den Bauteilherstellern einzuholen oder die Parameter über eine Prüfung zu ermitteln. Die 60079-11 bietet die Möglichkeit anhand von 10 Mustern einen Wert zu bestimmen, welcher nicht im Datenblatt gegeben ist.
Es sind auch weitergehende Schutzmaßnahmen denkbar, so könnten die Dioden durch einen Widerstand in Reihe zur Sicherung vor höheren Pulsströmen geschützt werden. Ebenso kann eine Berechnung der Leistung des Pulses weiterhelfen, wenn die Dioden eine maximale Pulslast in Watt im Datenblatt angegeben haben.
9
Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!
Hi Steffen, ich meine, bei so hohen Strömen stimmt die Rechnung nicht mehr. Da spielt der differenzielle Widerstand (oder „Zener Impedance“ im Datenblatt) eine zu große Rolle. Die tatsächliche Zenerspannung würde sich mit Uzpeak = Uznennmax + Ipeak x Rzdiff berechnen. Im Datenblatt gibt es das Bild 5, das den non-repetitive peak current über zenerspannung für verschiedene Impulslängen zeigt. Da kommt man für 20V auf etwa 10A bei 1ms. Das wird zwar nochmal mehr für 0,1ms, aber extrapoliert für die benötigten 30A reicht es vermutlich nicht. Ich denke, bei der Diode läuft es auf einen Test für loosely specified components nach cl. 9.13 hinaus. Den besteht sie aber, wegen dem nicht berücksichtigtem Gegenkoppeleffekt der Zenerspannung… Schöne Grüße!
Hallo Jens,
erstmal vielen Dank für deinen sehr Hilfreichen Kommentar!
Bei der Zener-Spannung gebe ich dir Recht, diese ist auch vom Strom abhängig und lässt sich gemäß der genannten Formel berechnen. Leider ist die Impedanz für hohe Ströme nicht angegeben. Wenn ich das richtig sehe, nimmt dieser ab mit höherem Strom. Es wäre tatsächlich interessant zu wissen, wie hoch diese dann tatsächlich wäre. Das wirkt sich ja letztlich auf die berechnete Energie des Pulses aus.
Die Kurve in Bild 5 des Datenblatts habe ich mir auch einmal angeschaut. Es ist interessant, dass die zulässige Energie des Pulses mit kürzer werdender Zeit abnimmt. Natürlich ist die Berechung der zulässigen Energie für 8.3 ms nur eine Annäherung, da die sehr kurzen Pulse nicht mehr abgebildet werden.
Eine praktische Prüfung ist immer sinnvoll, wenn die theoretische Betrachtung an ihre Grenzen kommt. Ich denke eine Prüfung gemäß Abschnitt 9.16 (Ed. 7) würde hier auch möglich sein. Das ist die Pulsprüfung wie sie auch für Sicherheitsbarrieren durchgeführt werden muss.
Viele Grüße
Steffen
Hallo Herr Scholle,
wenn der l²t-Wert der Sicherung erreicht ist, schmilzt der Schmelzleiter. Daher spricht man ja auch vom Schmelzintegral. Der Schmelzzeit folgt die Lichtbogenzeit. Beides zusammen ergibt die Abschaltzeit. Die Abschaltzeit muss aus den Kennlinien der Sicherung entnommen werden. Die Kennlinien reichen aber meist nicht bis zu denn hier relevanten hohen Strömen, so dass man auf grobe Extrapolation oder eben Tests angewiesen ist. Zu erwarten ist, dass mit zunehmenden Strömen die Schmelzzeit kleiner, die Lichtbogenzeit jedoch größer wird.
Der Artikel sollte geändert werden, um Fachkollegen nicht in die Irre zu führen.
Hallo Herr Holtfreter,
auch Ihnen vielen Dank für den wichtigen Hinweis!
Ich werde den Artikel entsprechend überarbeiten und auf diesen Punkt hinweisen. Die Vorgehensweise zur Berechnung der Zeit entspricht allerdings jener, die in Edition 7 der 60079-11 in Abschnitt 9.16 b) vorgeschlagen wird: „For example, if the I2t rating of a fuse is used then the operating time is the rating divided by the square of the current determined in a).“
Das I2t rating kann natürlich nicht die vollständige Kennline abbilden, daher der Hinweis zu Beginn des Artikels das diese Methode physikalisch nicht 100% korrekt ist. Bei Zeiten werde ich den Teil zum Schmelzintegral noch etwas ausführlicher schreiben und darauf hinweisen.
Danke nocheinmal und viele Grüße
Steffen Scholle
Hallo Herr Scholle,
danke für die freundliche Aufnahme meines Kommentars. In der Tat spricht die neue Norm vom „I2t rating of a fuse“. Wenn die Verfasser auf ihren Irrtum aufmerksam gemacht wurden ist ein Interpretation Sheet zu erwarten, in dem steht, dass das I²t rating der gesamten Abschaltzeit gemeint ist (auch wenn das die Sicherungshersteller leider nicht angeben).
Ich habe aber noch einen weiteren Kritikpunkt an der IEC60079-11 Ed.7 §9.16 a) 1) wie auch an Ihrem Beitrag: Der Kaltwiderstand der Sicherung wirkt strombegrenzend nur so lange der Schmelzleiter intakt ist! Danach brennt ein Lichtbogen, der bekanntlich einen negativen differentiellen Widerstand aufweist, d.h. der Widerstand sinkt mit zunehmendem Strom. Aus diesem Grunde ist der Kaltwiderstand nicht geeignet, den Kurzschlussstrom auf das Abschaltvermögen der Sicherung zu begrenzen oder nachgeschaltete Halbleiter zu schützen: „The cold resistance shall not be used for the purpose of complying with the breaking capacity of the fuse.“ (§7.11). Dazu braucht es stets einen Vorwiderstand ausreichender Leistung, denn auch der muss den Impulsstrom unbeschadet überstehen (§7.11). Ist die Bauform des Widerstandes zu klein, bilden sich Lichtbögen in der Sicherung wie auch am Widerstand und die installierte Sicherung im 230-V-Netz löst aus. Alles schon vor Jahrzehnten mit TR5-Sicherungen praktisch ausprobiert. (Schutzbrille verwenden, die Kappe fliegt mit lautem Knall davon.)
Schließlich noch die Bemerkung zu „Es ist interessant, dass die zulässige Energie des Pulses mit kürzer werdender Zeit abnimmt.“ Das ist plausibel, denn es verringert sich die Zeit, in der sich die Wärmeenergie verteilt.
Hallo Herr Holtfeter,
selbstverständlich lasse ich Kommentare gerne zu. Ich habe natürlich auch Interesse an der korrekten Betrachtung dieses Sachverhalts und lerne selbst nie aus.
Ich denke das I2t rating ist in die Norm gekommen, da es sich tatsächlich um eine etablierte Berechnungsweise der Pulszeit handelt. Wenn ich die Zeit finde, werde ich mich damit noch einmal genauer mit der Abschaltzeit beschäftigen und anschließend einen Kommentar auf der Collaboration Plattform (Diskussionsforum des IEC Gremium) dazu verfassen. Dann wird das Thema bei der nächsten Gelegenheit auf Normebene diskutiert.
§7.11 bezieht sich meines Erachtens nach darauf, dass Sicherungen ein begrenztes Abschaltvermögen haben (Breaking capacity). Wird dieser Wert überschritten, bleibt unter Umständen ein Lichtbogen stehen oder die Sicherung wird gebrückt. Dieser Wert kann nicht mit dem Kaltwiderstand eigehalten werden, da er ja auf den Eigenschaften der Sicherung beruht. Ich denke so meinen Sie es auch in Ihrem Kommentar.
Deswegen muss die Sicherung natürlich für den zu erwartenen Strom, den die vorgeschaltete Quelle liefern kann, geeignet sein. Die Littelfuse 242 aus dem Beispiel hat eine breaking capacity von 4000 A bei Netzspannung. Kann also den zu erwartenen Strom von maximal 1500 A (laut 60079-11) sicher abschalten.
Ich würde Ihnen in sofern recht geben, dass ein Vorwiderstand benötigt wird, wenn das Abschaltvermögen der Sicherung kleiner ist, als der zu erwartene Strom. Das ist zumindest aus der Normsicht so, in der Praxis habe ich dazu noch keine Erfahrung gesammelt. Welches Abschaltvermögen hatte die Sicherung in Ihrem Versuch?
Hallo Herr Scholle,
ich begrüße es sehr, dass Sie das Thema „Schmelzzeit I²t ungleich Abschaltzeit“ vor das IEC-Gremium bringen. Falls das Forum öffentlich zugänglich ist, würde mich der Link interessieren.
Das I²t-Rating aus dem Datenblatt sollte nur verwendet werden, um zu gewährleisten, dass die Sicherung NICHT auslöst, z.B. wenn der Einschaltstromstoß über dem Nennstrom der Sicherung liegt.
In Ihrem Beispiel wird zum Schutz der Littelfuse 242 kein Vorwiderstand benötigt, weil diese ein Schaltvermögen von 4000 A bei AC und DC(!) 250 V hat. Erstaunliche Werte bei einer Sicherung von nur 3*8 mm.
Ja, §7.11 bezieht sich primär auf die Sicherung. Aber wenn der Kaltwiderstand den Kurzschlussstrom der Sicherung nicht begrenzt, begrenzt er ihn auch nicht für die anderen Bauelemente im Stromkreis.
Muss man nun den prospektiven Kurzschlussstrom des Netzes ansetzen? Nicht unbedingt. Im Kurzschlussfall wird die Strom-Anstiegsgeschwindigkeit entweder durch die ansteigende Phase des Wechselstroms oder durch die Induktivität der Zuleitung begrenzt. Schmelzsicherungen können abschalten, bevor der prospektive Kurzschlussstrom erreicht ist. So begrenzen sie die durchgelassene Energie. Nur ist deren Höhe meist nicht bekannt.
Wir kennen also weder Zeit, Stromstärke noch Energie für eine seriöse Berechnung!
Wünschenswert wären Untersuchungen, aus denen praxisgerechte Dimensionierungregeln gewonnen und in die Norm aufgenommen werden. Bis dahin empfehle ich einen Vorwiderstand. Damit ist wenigstens der Strom definiert und begrenzt auf einen Wert, für den der Sicherungshersteller noch Abschaltzeiten angibt oder die sich noch aus den Kurven extrapolieren lassen, ohne in fragwürdiger Weise über mehrere Größenordnungen hinweg schätzen zu müssen.
Die andere Möglichkeit sind Versuche mit den konkreten Bauelementen, wobei die Bereitstellung des Kurzstromes nicht trivial ist, wenn man den schlimmsten Fall treffen will.
In meiner Lehre zum Elektriker war das Schaltvermögen nie Thema. Ich glaube nicht, dass die Ausbildung inzwischen besser geworden ist, fragen Sie mal einen Elektriker nach dem Schaltvermögen. Als ich im Ex-Schutz vom Schaltvermögen hörte, musste ich natürlich eine TR5-Sicherung 50 mA mit Schaltvermögen 35 A mit der 230-V-Steckdose verbinden. Es hat geknallt. Beim zweiten Versuch mit 10-Ohm-Vorwiderstand knallte es unerwartet wieder. Der Kurschlussstrom war zwar zunächst auf zulässige 23 A reduziert, aber die Bauform des bedrahteten Widerstandes 0207 hielt dem Stromimpuls nicht stand. Dadurch haben Lichtbögen den Widerstand UND die Sicherung zerstört. Erst der nach Norm dimensionierte Vorwiderstand führte zum unauffälligen Auslösen der Sicherung.
Zu bemerken ist, dass die Dimensionierung des Widerstands lt. Norm mit
P=1,5*(1,7*Isi)²*Rmax
nur eine Faustformel ist, die die sehr unterschiedliche Impulsfestigkeit von Widerständen gleicher Nennleistung unberücksichtigt lässt. Beim Test von Dioden mit Impulsströmen aus einem Bündel von Keramikkondensatoren habe ich festgestellt, dass teils die Vorwiderstände kaputt gegangen sind und die Dioden überlebt haben. Interessanter Weise haben auch die Vielschicht- Keramikkondensatoren unter den wiederholten Impulsströmen gelitten und ein paar Prozent Kapazität verloren.
Und jetzt noch was ganz verrücktes zum Schluss: Die Kapazität von Keramikkondensatoren sinkt mit zunehmender Spannung. Glaubt einem keiner, haben wir aber mit zwei verschieden Verfahren nachgemessen und man kann es in Datenblättern nachlesen. Ich kenne einen Fall, in dem die verringerte Kapazität von der Ex-Prüfstelle anerkannt wurde.
Hallo Herr Holtfreter,
bei dem Forum handelt es sich um eine Plattform, zum Austausch der Mitglieder des technischen Komitees der IEC und ist daher nicht öffentlich. Ich werde für einen solchen Beitrag noch mehr Recherche und entsprechende (englischsprachige) Quellen benötigen. Ausserdem, sollte Kritik immer in Form eines Vorschlags in den Normausschuss eingebracht werden. Bei der Berechnungsmethode handelt es sich, mit all den bereits aufgeführten Problemen, um eine vereinfachte theoretische Betrachtung. Damit soll ggf. die Möglichkeit geschaffen werden auf eine praktische Prüfung zu verzichten. Nun einen Vorschlag bringen indem man versucht, die Berechungsweise zu verbessern bzw. korrigieren oder vorschlägt ganz darauf zu verzichten.
Falls sie mich beim Schreiben eines Beitrags unterstützen möchten, nehme ich das gerne an. Ich bin allerdings noch nicht überzeugt, ob „Schmelzzeit I²t ungleich Abschaltzeit“ wirklich stimmt. Ich habe mir die Kurven „Average Time Current Curves“ der Littelfuse 242 einmal genauer angeschaut. Die Werte im „linearen Bereich“ auf der logarithmischen Skala stimmen mit dem angegebenen I2t Wert überein. Meines Erachtens nach kann man damit also die Abschaltzeit bestimmen. Grundsätzlich gibt es in der Norm Vereinfachungen, da sonst kein Gerätebau oder Prüfung in zumutbarer Zeit möglich ist. Wenn man ein „Fass aufmachen“ möchte, könnte man auch einmal über den Sicherheitsfaktor von 1.7 für die Leistungsbetrachtung sprechen. 😉
Bei der Betrachtung des Widerstands, muss neben der Dauerleistung, wie Sie diese berechnet haben, auch die Pulslast bestimmt werden. Diese kann nicht über den Sicherungsstrom bestimmt werden, sondern wird mit Upeak²/Rmax berechnet.
Wenn Sie Lust haben Ihre Erkenntnisse bezüglich der Kondensatoren zu veröffentlichen, können Sie das gerne hier tun. Wir hatten ja schon einmal darüber gesprochen. Schreiben Sie mich dazu am besten einmal direkt an: steffen.scholle@eximentor.de
Danke für den Beitrag und viele Grüße,
Steffen Scholle
Bezüglich der Öffnungszeit der Sicherung haben sie vollkommen Recht. Ich habe dies bei Littelfuse recherchiert und den Artikel angepasst.
Vielen Dank noch einmal!